Teil 1
Das Leben in der Schweiz könnte als Gefängnisleben de niert werden. Ich bin im Gefängnis, bloss weil ich keine Dokumente habe. Das Leben hier ist voller Anspannung, denn wenn du von der Polizei kontrolliert wirst, landest du im Gefängnis. Wir Immigrant*innen in der Schweiz haben keinen Frieden und es gibt für uns keine Menschenrechte. Wir haben auch keine Freiheit – vor allem wir schwarzen Menschen. Kannst du dir vorstellen, dass ein*e Polizist*in irgendwo, wo viele Leute sind, reinspaziert und nur die Schwarzen kontrolliert, während er*sie die anderen in Ruhe lässt, bloss aufgrund ihrer Hautfarbe? Ist das nicht eine rassistische Praxis? Hier gibt es keine Liebe und keinen Respekt für Immigrant*innen, vor allem schwarze Menschen. In kaum einem Land gibt es so rassistische Polizist*innen wie in der Schweiz, aber das bekommst du nicht mit, wenn du eine echte Schweizer*in bist. Aus vielen meiner Erfahrungen als schwarzer afrikanischer Migrant in der Schweiz, schliesse ich, dass einige Gesetze hier vor allem für Migrant*innen gemacht sind. Aber Menschen ausserhalb des Gefängnisses wissen das nicht, denn die Schweizer Polizei und Regierung geben in der Öffentlichkeit ein gutes Bild ab und alle denken ihre Regierung und Polizei seien korrekt. Dabei habe ich davon schon oft von Leuten gehört, bevor ich es hier im Gefängnis selbst erlebt habe. Nichtsdestoweniger ist meine Erfahrung als schwarzer Migrant in einem Schweizer Gefängnis, dass sie uns hier wie Sklav*innen behandeln. Der Sicherheitstyp weckt uns morgens um 07:15, indem er die Türe öffnet. Dabei stellt er sicher, dass die Türen weit geöffnet sind, um uns zu stören und aufzuwecken. Wenn du fragst, wieso er das tut, wirst du folgende Antwort kriegen: „Das ist ein Gefängnis und kein Hotel!“ Wenn du Besuch hast, wie es dir von Gesetzes wegen zusteht, musst du dich zuerst vor den Wärtern nackt ausziehen. Auch wenn du schon oft Besuche hattest, verlangen sie es. Wenn sie dich durchsuchen und du sie fragst wieso, sagen sie dir, dass du dich einfach nackt ausziehen musst und dich als Person sowieso nicht weigern darfst. Wenn du dich weigerst, bringen sie dich an einen Ort, den sie Bunker nennen – das ist ein sehr schlimmer Ort, wo du alleine in einen Raum gesperrt bist und von ihnen gefoltert wirst. Es kann sein, dass du eine ganze Woche dort sein musst, ohne jemals hinauszukommen oder zu sehen. Wir sind denen hier im Gefängnis völlig egal. Ehrlich gesagt, haben die meisten Menschen, die ich im Gefängnis traf, nichts verbrochen. Einige von ihnen waren zwei Jahre im Gefängnis, andere nur sechs Monate und dann gab es auch solche, die waren noch länger drin. Und wenn du sie fragst, findest du heraus, dass sie bloss sitzen, weil sie keine Papiere oder Dokumente haben. Etwas anderes was ich hier im Gefängnis erfahren habe, ist, dass wenn du hierher gebracht wirst, die Polizei all dein Geld wegnimmt, so dass du gezwungen bist im Gefängnis zu arbeiten. Sie geben dir hier eine Arbeit, die zwei Stunden dauern sollte, aber wir müssen immer zweieinhalb Stunden arbeiten. Es ist eine sehr anstrengende Arbeit, aber sie bezahlen nur sechs Franken am Tag. Zum Essen. Wir essen hier im Gefängnis nur zweimal am Tag. Sie geben uns um elf Uhr Essen und das Abendessen gibt es um fünf Uhr. Es gibt hier im Gefängnis einen kleinen Kiosk, wo die Sachen für den doppelten Preis wie draussen verkauft werden und der Kiosk hat nur freitags geöffnet, also einmal pro Woche für zwanzig Minuten. Wenn du also diese zwanzig Minuten Einkaufszeit verpasst, musst du bis zum nächsten Freitag warten. Weiter oben habe ich erzählt, dass dir das Geld, das du auf dir trägst, abgenommen wird, also musst du im Gefängnis arbeiten. Wenn du dich weigerst, werden sie dich hassen und du wirst zu vielen Dingen hier keinen Zugang bekommen. Sie gehen sicher, dass du bestraft wirst. Damit sie dich ins Spital bringen, musst du richtig krank sein. Wenn du nur ein bisschen krank bist, kannst du es vergessen, denn sie behandeln dich hier wie einen SKLAVEN. Und wenn du zum Spital gebracht wirst, werden deine Hände und deine Füsse selbst während der Behandlung durch die Polizei gefesselt sein, ausser der*die Doktor*in weist die Polizei an, die Fesseln abzunehmen. Ansonsten bleiben die Fesseln, vom Losgehen, bis du wieder zurück im Gefängnis bist. Wenn du zum Gericht gehst, wirst du beim zurückkommen am ganzen Körper durchsucht. Auch wenn du sonst irgendwo-hin gehst. Wenn du sie fragst wieso, sagen sie dir, weil du in der Schweiz bist. Etwas anderes. Hier im Gefängnis hast du das Recht eine Anwältin oder einen Anwalt zu treffen – entweder sie teilen dir eine*n zu oder du hast die Erlaubnis selbst eine*n zu suchen. Aber sie verweigern es dir. Und wenn du fragst weshalb, erhältst du als Antwort: „Nein, du bist in der Schweiz.“ Alle diese Behandlungen hängen damit zusammen, dass wir keine Papier oder Dokumente haben – was sie ILLEGAL nennen. Wenn du von der Polizei oder Grenzwache kontrolliert wirst und nicht die richtigen Papiere hast, bringen sie dich auf die Wache um die Fingerabdrücke abzunehmen und zu sehen, ob du sie schon sonst wo in Europa abgegeben hast. Wenn du das hast, wirst du dorthin geschickt wo du zuerst registriert wurdest. Wenn du sie nirgends in Europa hast, wird dich die Migrationspolizei zwingen in der Schweiz einen Asylantrag zu stellen und nach drei Monaten wirst du mit einem Negativentscheid abgelehnt und sie stecken dich ins Gefängnis. Du wirst vor Gericht gebracht, wo du drei Monate für illegalen Aufenthalt bekommst. Dann, nach drei Monaten, geben sie dir weitere drei Monate bis vielleicht 18 Monate und dann wirst du in dein Ursprungsland ausgeschafft. Wenn du zum Beispiel in der Schweiz einen Negativentscheid hast und in ein anderes Land gehst, ruft das Land die Schweiz an und bittet die Behörden dich zurück zu schicken. Zurück in der Schweiz bringt dich die Migrationspolizei ins Gefängnis und nach zwei Tagen zum Gericht – stell dir vor für „illegal sein.“ Sie stellen dir keine*n Anwält*in zur Seite und sie sind alle gegen dich und fragen, wieso bist du aus der Schweiz ausgereist? Wenn du sagst, weil ich einen Negativentscheid erhalten habe, sagen sie dir, dass du kein Recht hast irgendwohin zu gehen ausser in dein Ursprungsland und du darfst vor Gericht nicht einmal deine Sicht darlegen. Ausserhalb des Gefängnisses Häu g geht die Polizei hier in der Schweiz in afrikanische Shops um schwarze Menschen zu kontrollieren, die etwas zu Essen oder zu Trinken kaufen. Dies schreckt manchmal die Kund*innen des Shops davon ab dort weiterhin einzukaufen. Deshalb sagte ich, dass wir Schwarze oder schwarze Immigrant*innen in der Schweiz mehr als in anderen europäischen Ländern voller Angst durch die Strassen gehen. Wir sollen verstehen, dass wir als schwarze Immigrant*innen hier keine Rechte haben.
Teil 2
Das Leben in der Schweiz ist geprägt von Gefängnis, wenn du keine Dokumente hast, denn wenn du von der Polizei kontrolliert wirst, stecken sie dich ins Gefängnis. Und wenn du ein Dokument von einem anderen europäischen Land hast, versuchen sie dir ein VERBOTEN zu geben, was heisst, du darfst für so und so viele Jahre nicht mehr in die Schweiz kommen. Es ist unterschiedlich, wie viele Jahre sie einer Person geben (Ich kenne einen Mann, der eine Einreisesperre bis 2099 bekam). Es gab einen Fall, da die Polizei in einen afrikanischen Shop ging. Nach der Kontrolle, gingen sie mit einem schwarzen Mann weg, und der schwarze Typ fragte sie „Wieso soll ich mit euch gehen, wenn ich doch ein Dokument habe?“ Sie sagten ihm, dass er ein VERBOTEN in Frankreich habe und er sagte „Ja, aber hier ist nicht Frankreich sondern die Schweiz.“ Stell dir vor, er schlief in einer Polizeizelle für drei Tage, bis sie ihn zum Gericht brachten. Dort fragte ihn der Richter, was der Mann gemacht habe. Die Polizistinnen sagten, er habe ein VERBOTEN. Der Richter fragte sie darauf, wo, wann und in welchem Land er es habe. Denn der Angeklagte sagte, er habe nur ein VERBOTEN für Frankreich für zehn Jahre und er sei nie mehr in Frankreich gewesen. Der Richter sagte den Polizist*innen, sie hätten ein Woche Zeit, den genauen Ort herauszufinden, wo er das VERBOTEN erhielt. Aber sie konnten es nicht heraus finden und mussten ihn nach einer Woche wieder entlassen. Sie sagten sie hätten Frankreich angerufen und das VERBOTEN gelte nur für Frankreich. In ihrem System konnten sie nichts gegen ihn finden. Das ist was wir Schwarzen oder Immigrant*innen hier in der Schweiz erleben. Wenn du im Gefängnis arbeitest und das Migrationsamt dich in dein Ursprungsland zurückschicken will, geben sie dir das Geld, für das du gearbeitet hast, nicht. Das ist sehr SCHLECHT. Sie behandeln uns, als ob wir TIERE wären. Wenn deine Frau oder deine Freundin dich besucht und ihr im Besucherraum eure Hände haltet, stellt dir vor, kommt die Wache und befiehlt euch, euch nicht an den Händen zu halten, und sagt, dass deine Frau oder Freundin Probleme mit ihm bekommen würde, wenn ihr es nicht unterlässt. Stell dir die Beleidigungen vor, die wir von ihnen aushalten müssen. Du kannst deine Frau oder Freundin nicht umarmen, weil du im Gefängnis bist, weil du ILLEGAL bist. Das nenne ich VERLETZUNG DER MENSCHENRECHTE! Im Übrigen sind die Dinge die ich hier beschrieben habe wenig verglichen mit dem, was wir im Schweizer Gefängnis tagtäglich sehen.